JETZT MAL TACHELES: DAS IST DIE TATSäCHLICHE E-AUTO-REICHWEITE AUF DER AUTOBAHN

E-Autos und Verbrenner sind in vielen Aspekten verschieden, doch in einer Sache könnten sie nicht ähnlicher sein: Beide sind in der Praxis weit ineffizienter als vom Hersteller angegeben.

Der Unterschied zwischen Praxis-Verbrauch und Herstellerangabe liegt daran, wie Autobauer den Verbrauch von Autos ermitteln, nämlich über das weltweit einheitliche Testverfahren WLTP.  WLTP steht ausgeschrieben für "Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure", auf Deutsch also etwa "weltweit harmonisiertes Test-Verfahren für leichte Fahrzeuge". 

Autobauer auf der ganzen Welt müssen den Verbrauch ihrer Autos seit 2013 mit dem WLTP-Verfahren testen. Entwickelt hatte es die UNO, um das ältere, noch realitätsfernere Testverfahren NEFZ ("Neuer Europäischer Fahrzyklus") zu ersetzen. Dafür sammelten sie reale Verbrauchsdaten aus vierzehn Ländern. 

So ermittelt EFAHRER die Praxis-Reichweite

Im WLTP-Test fahren die Autos einen halbstündigen, vorgegebenen Testlauf. Er soll realistisches Fahren innerhalb und außerhalb von Städten mit verschiedenen Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, Schaltzeitpunkten und Temperaturen und Straßenbedingungen simulieren und so einen vergleichbaren Rückschluss auf praxisnahe Alltagsreichweiten im Mischbetrieb ermöglichen.

EFAHRER.com testet laufend aktuelle E-Autos und unterzieht sie den verschiedensten Verbrauchstest in der Praxis. Auch hier zeigen sich je nach Test-Zyklus große Unterschiede zwischen der Verbräuchen nach WLTP-Norm und Praxis.

Mehr zum Thema: Reichweitenangst: So viel Reichweite benötigt ein E-Auto wirklich

Besonders hoch ist die Abweichung im EFAHRER.com-Langstrecken-Test auf der Autobahn. Dabei fährt das voll aufgeladene E-Auto eine vorgegebene Autobahn-Runde bei konstantem GPS-kalibriertem Tempo vom 130 km/h. Danach laden die Tester den Akku wieder voll auf und ermitteln den realen Stromverbrauch. EFAHRER.com hat die zehn besten Autobahnreichweiten aufgelistet, welche in der Praxis gemessen worden sind.

Diese 10 Elektroautos haben in der Praxis die beste Autobahnreichweite

10. Cupra Born e-boost: 345 Kilometer

Cupra stand ursprünglich für die Sportlinie der leistungsstärksten Varianten von Seat. Vor einigen Jahren entwickelte sich daraus Marke Cupra, die mit dem Formentor das erste Auto eigenständig verkaufte. Das zweite reine Cupra-Modell ist der Born - ein vollelektrisches Auto, in dem die gleiche technische Basis des ID.3 von VW steckt. 

Lesen Sie auch: Cupra Born im großen Test: Reichweite, Preis, Verbrauch, Laden

Den Elektrozwerg des Seat-Ablegers gibt es auch in zwei weiteren Varianten mit einer Boost-Funktion, die 170 kW beziehungsweise 231 PS bietet. Cupra benutzt hier etwas vollmundig den Begriff „e-Boost“, der im Grunde nichts anderes ist, als die Möglichkeit, bei dem Performance-Modell bei einem Kickdown die Leistung für rund 30 Sekunden auf bis zu 170 kW/231 PS zu pushen. 

Der bietet eine Reichweite von 424 Kilometern nach WLTP. Im Test erwies sich die tatsächliche Reichweite als geringer: Bei Tempo 130 km/h kam der Cupra Born e-Boost 345 km weit auf der Autobahn.

9. Nio ET5: 351 Kilometer

Der Nio ET5 zeigt im Test, wieso die Luft für Tesla und deutsche Autobauer langsam dünn wird. Die Mittelklasse-Limousine hat wechselbare Akkus und allerhand elektronische Annehmlichkeiten, ist echt reichweitenstark und zudem richtig komfortabel. So kann sie dem BMW i4 oder dem Tesla Model 3 fast sogar das Wasser reichen – und lässt manchen Verbrenner alt aussehen.

Mehr zum Thema: Akku wechsel dich: Bei diesem E-Auto zittern selbst Tesla und BMW

Im genormten Verbrauchstest kamen wir auf einen durchschnittlichen Verbrauch von 23,65 kWh im Drittelmix. Die getestete Version hat eine Netto-Kapazität von 98,9 kWh, was sich in 418 Kilometer Reichweite übersetzt.

Im Test auf der Autobahn sind noch 351 km Reichweite drin, was im Vergleich mit dem Tesla Model 3 nicht wahnsinnig viel ist. 

8. Tesla Model 3 Long Range: 357 Kilometer

Die Reichweitenangabe des Model 3 ist mit 580 Kilometern höher als bei den bisherigen Jahrgängen. Das liegt zum einen an Software-Optimierungen, zum anderen aber an der Wärmepumpe aus dem Model Y, das mit dem Facelift standardmäßig auch im Model 3 verbaut wird.

Mehr zum Thema: Tesla Model 3 Long Range im Test bei minus 14 Grad

Den Effekt der Wärmepumpe konnten wir im Test sehr gut ermitteln: Mit bis zu minus 14 Grad war es bei unseren Mess-Runden besonders kalt, vor der Autobahn-Runde luden wir den Akku im Freien an einer Ladesäule auf 100 Prozent auf, nach unserer Standard-Runde von 183 Kilometern bei 130 km/h luden wir exakt 52 kWh nach. Im Autobahntest kam das Model 3 auf 357 Kilometer an tatsächlicher Reichweite.

7. VW ID.7: 360 Kilometer

Im Test zeigt der VW ID.7, dass er neben viel Reichweite und Platz mit klasse Elektronik vorfährt – und das zum fairen Preis. So lässt der "Elektro-Passat" in vielen Bereichen nicht nur die eigene Verwandtschaft hinter sich. Sondern sichert sich noch vor Tesla einen Mittelklasse-Podiumsplatz.

Mehr zum Thema: Besser als ein Tesla: VW ID.7 springt im EFAHRER-Test direkt aufs Treppchen

621 Kilometer Reichweite nach WLTP-Prüfnorm stellte VW für den ID.7 mit 77-kWh-Akku zunächst in Aussicht, mittlerweile ist von 543 bis 621 km die Rede, was einem Verbrauch von unter 12,4 kWh pro 100 km entspricht – weniger als beim ID.3 also. 

In der Realität kann VW das Versprechen nicht ganz einlösen: Auf der Autobahn sind 360 Kilometer pro Ladung drin.

6. Nio ET7: 361 Kilometer

Der Nio ET7 ist eine sehr elegante Limousine, allerdings auch ein E-Auto, das den Fokus auf völlig andere Sachen legt, als wir Europäer es gewohnt sind. Hier gibt es Schnickschnack wie verschiedene Beduftungen, diverse Massagefunktionen, unzählige Sensoren (die sich aber außer der Dashcam-Funktion in der Praxis wenig nützlich machen), die Assistenzkugel namens Nomi und, und, und. Dafür fehlt ein Handschuhfach, Apple Car Play oder Android Auto, ein Frunk (Frontkofferraum für Ladekabel), eine umklappbare Rückenlehne oder ein echter adaptiver Tempomat. Kurzum: Wir hätten uns weniger Chi-Chi und mehr Praktikabilität gewünscht. 

Zum Test: Preis, Reichweite, Verbrauch der Luxus-Limousine mit Tauschakku

Eine realistische Reichweite von 400 Kilometern und ein Verbrauch um die 25 Kilowattstunden sprechen für den ET7, die Ladeleistung von maximal 123 Kilowatt enttäuscht hingegen, zumal die Akkutauschstationen von Nio noch sehr dünn gesät sind.

Im Test auf der Autobahn zeigte sich eine Reichweite von 361 Kilometern bei Tempo 130. Damit landet der Nio ET7 auf Platz 7.

5. Polestar 2 (2023) Long Range Single Motor: 362 Kilometer

Der Polestar 2 hat im vergangenen Jahr ein Facelift bekommen. Unser Tester war kürzlich mit dem Halbschweden am nördlichen Polarkreis unterwegs bei bitterkalten Temperaturen und Minusgraden. Dabei fiel die vielversprechende Reichweite auf. Zu verdanken ist das seinem neuen Antrieb.

Mehr dazu: Dieses Facelift war bitternötig: Polestar 2 spielt in der Mittelklasse vorn mit

In der Variante Long Range Single Motor konnten wir den Polestar 2 dem Volltest unterziehen. Dabei waren auf der Autobahn satte 362 Kilometer Reichweite drin. 

4. BMW i4: 405 Kilometer

Der BMW i4 ist der erste Elektro-BMW, der sich an die etablierten Modelle der Marke anlehnt. Er ist kein experimenteller Sonderling wie der i3, sondern eine klassische Mittelklasse-Limousine mit einem eleganten Design und einer hochwertigen Verarbeitung. So nimmt er es auch locker mit Tesla auf.

BMW sagt, dass der hauseigene Motor sehr effizient ist. Nach unserem Test können wir den Münchnern nur zustimmen. Bei warmen Umgebungstemperaturen ist es überhaupt kein Problem, den i4 dauerhaft mit deutlich weniger als 20 kWh 100 Kilometer weit zu bewegen. Unser Verbrauch bei durchschnittlich sieben Grad Außentemperatur lag im Stadtverkehr und auf Landstraßen bei 17,8 und 19,1 kWh pro 100 km.

Zum Test: BMW i4 schlägt Tesla Model 3 im Test: Wachablösung bei E-Autos

Besonders gespannt waren wir auf den Autobahn-Verbrauch – eine Test-Kategorie, die Tesla mit seinen konkurrenzlosen Aerodynamik-Werten bislang dominiert hat. Um es kurz zu machen: Die Dominanz ist gebrochen. Der i4 40 verbrauchte auf unserer Autobahnrunde bei 17 Grad Außentemperatur genau 22,0 Kilowattstunden pro 100 km.

Auf der Autobahn verzeichneten wir eine Reichweite von 405 Kilometern. Deutlich mehr als das Model 3 Long Range mit tatsächlichen 357 Kilometern bei Tempo 130.

3. Mercedes EQE 350+: 433 Kilometer

Auf dem Treppchen des Reichweiten-Tests für die Autobahn tummeln sich die Elektro-Luxusschlitten von Mercedes-Benz. Neben der Baureihe EQS der Stuttgarter Autobauer unterscheidet sich der EQE vor allem in der Länge: Der EQE setzt auf die gleiche Technik-Plattform wie der EQS, ist aber um 26 Zentimeter kürzer und hat einen kleineren Akku. 

Zum Test: Diese E-Klasse taugt trotz toller Reichweite nicht als Taxi

Der Kürzung von Länge und Radstand im Vergleich zum EQS fällt auch dessen riesiger Akku mit 108 kWh zum Opfer. 91 kWh Netto-Kapazität sind es im getesteten EQE 350+. Mit Ladeverlusten fließen knapp über 100 kWh durch den Wechselstrom-Anschluss.

Die Reichweite, die der EQE daraus macht, ist trotzdem beeindruckend: Über 500 Kilometer sind auf Landstraße und im Stadtverkehr drin – zumindest bei E-Auto-freundlichen Temperaturen. Auf der Autobahn schaffte der 350er 433 Kilometer bei Tempo 130.

2023-12-12T17:07:30Z dg43tfdfdgfd