ELEKTROAUTOS: DAS VORLäUFIGE ENDE DES ELEKTRO-ENTHUSIASMUS IN DEN USA

Große US-Autohersteller haben früh und ohne politischen Druck angekündigt, aus der Verbrennerproduktion auszusteigen. Doch nun ist klar: Die Nachfrage steigt kaum. Und nun?

Amerika vergeht zusehends die Lust auf Elektroautos. Noch vor wenigen Jahren hatten große US-Hersteller wie General Motors und Ford angekündigt, ihre ganze Produktpalette auf Elektroantriebe umzustellen – und Tesla trieb als Weltmarktführer die Branche voran. Doch inzwischen wird klar: Die Nachfrage hält mit den Plänen nicht mit.

Laut dem Analysehaus Kelley Blue Book stagnierte der Anteil der vollelektrischen Fahrzeuge im vergangenen Quartal bei rund acht Prozent der Verkäufe. Im Juli verkauften sich E-Autos dank des Cybertrucks von Tesla und anderer neuer Modelle zwar etwas besser. Aber Experten sehen keine generelle Trendwende – trotz Preissenkungen mehrerer Hersteller.

In der jüngsten Umfrage des Research-Hauses Evercore ISI unter mehr als 600 US-Autohändlern gaben mehrere Befragte an, dass sie zu viele E-Autos auf dem Hof stehen haben. Anders sieht das bei Verbrennerfahrzeugen aus.

Die US-Konzerne reagieren nun. Ford hat Ende August seine Pläne für ein vollelektrisches Groß-SUV mit drei Sitzreihen aufgegeben und setzt stärker auf Hybridantriebe, also Verbrennungsmotoren, die auf Teilstrecken elektrisch unterstützt werden. Auch eine neue elektrische Version des Bestseller-Pick-ups F-150 wird erst einmal vertagt. GM hatte bereits seine Pläne für eine Batteriefabrik mit Samsung in Indiana um ein Jahr auf 2027 verschoben.

„Fords geänderte Elektrifizierungsstrategie unterstreicht die Herausforderungen der Branche“, kommentiert das Ratinghaus Morningstar DBRS die Entscheidung, das Riesen-SUV nicht mehr elektrisch zu produzieren und 1,7 Milliarden Dollar abzuschreiben.

Die E-Auto-Enthusiasten und Technikaffinen haben die Hersteller bereits bedient

Die jüngsten Verkäufe von Elektrofahrzeugen blieben hinter den Erwartungen zurück. „Dies hat zu einer zunehmenden Unsicherheit geführt, was das künftige Wachstum der E-Auto-Verkäufe angeht, vor allem in Nordamerika, wo Ford am stärksten vertreten ist und wo die Verbreitung von Elektrofahrzeugen deutlich hinter der in Europa und vor allem in China zurückbleibt“, schreibt Morningstar-Analyst Robert Streda.

Die anfänglichen starken Verkäufe von Elektrofahrzeugen seien zu einem großen Teil auf frühe Nutzer zurückzuführen gewesen, die sich für die neue Antriebstechnologie interessierten, erklärt Streda. Dementsprechend seien diese „Early Adopters“ auch eher bereit gewesen, die deutlich höheren Preise von E-Autos zu zahlen, die auf die höheren Entwicklungskosten zurückzuführen waren. „Da die Verkäufe von E-Fahrzeugen an diese frühen Nutzer nun aber scheinbar erschöpft scheinen, haben die E-Fahrzeuge Schwierigkeiten, ihre Verkaufszahlen bei den Durchschnittsverbrauchern aufrechtzuerhalten“, beobachtet er.

Dass die Hersteller die E-Auto-Enthusiasten und die Technikaffinen bereits bedient haben, sieht auch Andreas Nienhaus von der Strategieberatung Oliver Wyman. Jetzt müssten sie die anderen überzeugen. Und das sei nicht einfach: „Die Amerikaner kaufen nicht so viele E-Autos, wie die Hersteller gehofft haben.“

Ein Problem der E-Autos ist Nienhaus zufolge, dass sie als Gebrauchtwagen schnell an Wert verlieren: „Auch das schreckt viele Käufer ab.“

„Es gibt keinen Weg mehr zurück“

Dennoch sagt der auf Mobilität und Nachhaltigkeit spezialisierte Berater: „Die Automobilhersteller und die Zulieferer können jetzt nicht mehr umkehren.“ Denn die doppelte Produktion verschiedener Antriebsarten kostet: „Wir hören von allen, dass sie es sich nicht leisten können, zwei komplexe Technologien auf unbestimmte Zeit parallel anzubieten.“

Daher sei es für die Industrie auch in den USA keine Frage des Ob. Doch vorherzusagen, wann der Markt auf Elektroautos umschwenkt, ist schwer: „Gerade in den USA kann man die Leute nicht zwingen“, gibt Nienhaus zu bedenken – auch mit Blick auf die klaren Vorgaben der EU zum Ende der Verbrennerproduktion.

Tatsächlich gibt es in den USA auf Bundesebene keine solchen Vorgaben. US-Präsident Joe Biden hat zwar 2021 das Ziel ausgegeben, dass bis 2030 die Hälfte der verkauften Neuwagen elektrisch sein soll. Und sein Konjunkturprogramm zur Bekämpfung der Inflation, der Inflation Reduction Act (IRA), half mit Steueranreizen für Elektroautos. Verpflichtende Vorgaben gibt es jedoch nur in einzelnen Bundesstaaten wie Kalifornien.

Nienhaus ist optimistisch, dass sich die Akzeptanz der E-Autos mit mehr Ladestationen verbessern wird. Die Umfragen von Oliver Wyman zeigten, dass auch die Menschen in den USA mittlerweile weniger Bedenken haben, was die Reichweite angeht. „Aber sie machen sich Sorgen, dass die Infrastruktur der Ladestationen noch nicht weit genug entwickelt ist“, berichtet Nienhaus. Da gebe es nicht nur in ländlichen Gegenden noch viel Nachholbedarf. Auch in den Städten fehlten Ladesäulen für Menschen, die keine Station in der Tiefgarage haben.

Bisher schaffen vor allem die Steuerabschreibungen Anreize, ein E-Auto zu kaufen. Doch ihre Zukunft ist ungewiss. Im November stehen in den USA Wahlen an. Beobachter halten es trotz Donald Trumps Nähe zu Tesla-Chef Elon Musk für wahrscheinlich, dass Trump als Präsident die Steueranreize für E-Autos leicht zurückfahren würde. Kamala Harris dagegen wird wohl mit Bidens Kurs fortfahren.

„Ob Harris oder Trump die Wahl gewinnt, wird keinen großen Unterschied machen“, sagt Nienhaus. „Die generelle Richtung ist eingeschlagen und wird sich auch nicht mehr ändern.“

2024-09-18T04:31:01Z dg43tfdfdgfd