„IM SINNE DES KLIMASCHUTZES“ – AUTOVERBAND WILL DAS ENDE VON BENZIN UND DIESEL AB 2045

Die deutsche Autoindustrie wendet sich von fossilen Treibstoffen ab. Ab 2045 sollen Benzin und Diesel an Tankstellen möglichst nicht mehr verkauft werden, heißt es in einem Positionspapier des Branchenverbandes VDA. So soll der Weg hin zu erneuerbaren Alternativen beschleunigt werden.

Im Jahr 2030 dürften auf Deutschlands Straßen 40 Millionen Verbrenner unterwegs sein – trotz all der Bemühungen der Bundesregierung und der EU, die Bürger zum Kauf von Elektrowagen zu bewegen. So schätzen es Autoexperten. Und 2045 könnten es immer noch zehn Millionen sein. Die große Frage lautet: Was sollen all diese Fahrzeuge tanken?

Der Verband der Automobilindustrie (VDA), Kämpfer für die Interessen der deutschen Pkw-Hersteller, meint: bitte nicht Benzin oder Diesel. „Im Sinne des Klimaschutzes sollten ab 2045 keine fossilen Kraftstoffe mehr an deutschen Tankstellen verkauft werden dürfen“, heißt es in einem Positionspapier, das WELT vorliegt. Pkw-Lobbyisten, die das Ende des Sprits fordern, den Millionen Deutsche in ihre Autos füllen und gerne auch in Zukunft nutzen würden – das klingt kurios. Was steckt dahinter?

Ein Verkaufsverbot für Benzin und Diesel, so lässt sich die Position des VDA zusammenfassen, dürfte die Produktion erneuerbarer Kraftstoffe beschleunigen. Also zum Beispiel von Biosprit auf Basis von altem Frittierfett oder von E-Fuels, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt werden. Und das sei nötig, um all die Verbrenner, die noch jahrelang im Verkehr bleiben, betanken zu können.

Die EU legt strenge Emissionsziele für Neuwagen fest. Ab 2035 sollen sie kein CO₂ mehr ausstoßen – das ist das berüchtigte Verbrenner-Aus. Doch aus Sicht des VDA vernachlässigt Brüssel den Bestand an Fahrzeugen mit Diesel- und Benzinmotor.

„Nur mit einem Kurs, der technologieoffen alle Lösungspotenziale zulässt, kann Europa seine CO₂-Reduktionsziele erreichen“, sagt die VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Die Politik ist aufgefordert, Anreize für den Hochlauf erneuerbarer Energieträger festzuschreiben und somit Investitionen zu gewährleisten und zu fördern.“

Die Ära von Benzin und Diesel, so scheint es, endet. Für fossile Kraftstoffe sieht die EU keine Zukunft mehr. Die Kommission würde wohl am liebsten nur noch Elektroautos erlauben. Die Konservativen im Europäischen Parlament, mit Abstand stärkste Kraft dort, kämpfen zwar für das Überleben des Verbrenners – aber nur des klimaneutralen. Und jetzt wendet sich sogar die deutsche Autoindustrie von Treibstoffen ab, die auf der Basis von Erdöl hergestellt werden.

Doch ob erneuerbare Kraftstoffe die Lösung sind, ist umstritten. Biodiesel aus alten Speiseölen ist derzeit teurer als herkömmlicher Diesel. Und E-Fuels werden bisher weltweit kaum produziert. Zudem, so rechnet es die Brüsseler NGO Transport & Environment vor, seien E-Fuel-Autos fast fünfmal weniger effizient als Elektroautos. Denn die Gewinnung des Sprits verschlinge große Mengen Strom. Deutlich mehr, als man zum Laden von Batteriefahrzeugen benötige.

Und dann müssen die Hersteller noch überlegen, wie sich das „E-fuel-only-Auto“ realisieren ließe. Denkbar wäre eine Abschaltvorrichtung, die den Unterschied erkennt: Tankt man nicht grünen Sprit, sondern Benzin oder Diesel, springt der Motor nicht an.

Stefan Beutelsbacher ist Korrespondent in Brüssel. Er berichtet über die Wirtschafts-, Handels- und Klimapolitik der EU. Hier finden Sie alle seine Artikel.

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