MIT DIESEM CADILLAC WAGT DER US-AUTORIESE DIE RüCKKEHR NACH EUROPA

Seit dem Opel-Verkauf vor sieben Jahren war General Motors aus Europa verschwunden. Jetzt plant der einst größte Autokonzern der Welt sein Comeback und kommt mit Cadillac auch nach Deutschland. Als eine zu 100 Prozent elektrische Marke.

Der US-Autoriese General Motors (GM) wagt sich zurück in den deutschen Markt. Sieben Jahre nachdem der Konzern sich von seiner einstigen Tochter Opel getrennt hat, soll nun die Traditionsmarke Cadillac in Europa neu Fuß fassen – und zwar als reine Elektroauto-Marke.

Noch in diesem Monat werde man „Testfahrt-Standorte“ in Berlin und München eröffnen, sagte der für das Europageschäft verantwortliche Manager Pere Brugal. Im Juni soll ein Standort in Köln dazukommen. Später sollen „Cadillac Citys“ in Hamburg und Frankfurt eröffnen. „Wir starten Cadillac als eine zu 100 Prozent elektrische Marke“, sagte Brugal. Dabei habe man eine langfristige Perspektive vor Augen. Sprich: die Rückkehr von GM nach Europa.

Fast 90 Jahre lang war General Motors eine feste Größe auf dem europäischen Automarkt. Der Konzern aus Detroit hatte im Jahr 1929 den deutschen Autobauer Opel übernommen und in den 70er-Jahren mit seiner britischen Tochter Vauxhall zusammengeführt. Jahrzehntelang war GM der größte Autohersteller der Welt, bis zum Aufstieg von Toyota zu Beginn des neuen Jahrtausends. In jener Zeit liefen die Verluste bei Opel aus dem Ruder, schließlich verkaufte GM den Hersteller 2017 an PSA (Peugeot Citroën) und zog sich komplett aus Europa zurück.

Gemessen an dieser großen Geschichte muten die Pläne für den Wiedereinstieg in Europa äußerst bescheiden an. Von den vier Marken des Autoriesen wagt sich erst einmal nur Cadillac auf den hiesigen Markt. Und das auch nur mit einem Modell, dem Lyriq. Das Auto ist ein wuchtiges SUV mit 530 Kilometern Reichweite pro Batterieladung, 528 PS und Allradantrieb.

„Obwohl viele Menschen auf E-Autos umsteigen, herrscht immer noch der Eindruck, dass man dabei etwas aufgeben muss. Das ist nicht wahr, definitiv nicht mit dem Lyriq“, sagte Dave Stutzman, Chefingenieur der Baureihe. Er verspricht eine speziell an den europäischen Markt angepasste Variante des Wagens. Der Lyriq sei tauglich für extreme Wetterbedingungen bis zu minus 40 Grad Celsius, „das haben wir getestet“, sagt er. Außerdem sei der Wagen binnen 15 Minuten für die nächsten 200 Kilometer aufgeladen.

„Wir arbeiten auch aktiv daran, Super Cruise in naher Zukunft nach Europa zu bringen“, sagte der Ingenieur. Das Assistenz-System von GM erlaubt es dem Fahrer, während der Fahrt auf der Autobahn die Hände vom Lenkrad zu nehmen, solange er den Verkehr im Auge behält. In den USA seien GM-Kunden damit in Summe schon 193 Millionen Kilometer sicher gefahren.

80.500 für einen Lyriq in Vollausstattung

In der Schweiz und Schweden ist der Lyriq schon zu haben, in Frankreich startet der Verkauf gleichzeitig mit Deutschland. Für das Auto, das es nur in Vollausstattung ohne große Wahlmöglichkeiten gibt, verlangt Cadillac hierzulande 80.500 Euro. Ein Abo-Angebot soll später im Jahr folgen. Hier werde man die ersten Wagen im dritten Quartal an Kunden übergeben, kündigt Brugal an. Gegen Ende des Jahres werde es auch weitere Ankündigungen geben. Ob dann die Schwestermarken Buick, GMC oder Chevrolet in Europa starten werden? Der Manager lässt das offen.

Bisher spielen die Marken hierzulande nur in kleinen Nischen eine Rolle. Cadillac gibt es bei ein paar Händlern, die ihre Ware direkt aus den USA importieren. Von Januar bis Ende April wurden in Deutschland 61 Neuwagen der Marke zugelassen. Diesen Vertriebsweg werde es auch weiterhin geben, sagt Brugal. Dort werden auch weiterhin Verbrennermodelle angeboten. „In unseren Läden werden die Kunden aber Cadillac als elektrische Marke erleben“, kündigt der Manager an.

Gerade im deutschen Markt scheint der Zeitpunkt für den Einstieg von GM nicht besonders günstig zu sein. Aktuelle Daten des Kraftfahrt-Bundesamts zeigen, dass der Absatz von neuen Elektroautos weiter schwächelt. So wurden seit Jahresbeginn elf Prozent weniger reine E-Autos verkauft als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Der Elektro-Anteil an allen Neuzulassungen rutschte im April auf zwölf Prozent – im Vorjahr waren es 15 Prozent. Neben der Verunsicherung der Kunden über den künftigen Kurs der Politik belasten auch die hohen Preise für viele neue E-Autos den Absatz. Ob ein SUV für 80.500 Euro in diesem Umfeld viel Erfolg haben wird, kann man bezweifeln.

Die Manager von Cadillac geben sich trotzdem optimistisch. Das Marktsegment, in dem der Lyriq antritt, sei seit Jahresbeginn gewachsen, sagt Brugal. Und seine Kollegen aus Detroit führen die Leistungsdaten der Plattform an, auf der das Fahrzeug gebaut ist, Ultium nennt GM diese technische Basis. Sie kann theoretisch mit vergleichbaren Angeboten westlicher Konkurrenten mithalten, GM hat sogar eigene Batterien dafür entwickelt. Im Lyriq steckt eine Riesenbatterie mit 105 Kilowattstunden Speichervolumen.

Doch viele technische Probleme haben den Einsatz der Ultium-Bausätze in den vergangenen Jahren erheblich verzögert. Eigentlich sollten die GM-Marken schon eine große Palette von E-Autos auf dem Markt haben, vom SUV über den Transporter bis zum Hummer-Geländewagen. Konzernchefin Mary Barra hatte Absatzzahlen in den Hunderttausenden angekündigt. Doch noch stockt die Elektrifizierung bei GM, im vergangenen Jahr waren nicht einmal drei Prozent der verkauften Fahrzeuge E-Autos. Vielleicht kann der Markt in Europa ja nachhelfen, hier sind die E-Anteile deutlich höher.

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