US-BEHöRDEN NEHMEN TESLA INS VISIER: NEUE VORWüRFE GEGEN AUTOBAUER

In den vergangenen Jahren war Tesla mehrmals im Visier unterschiedlicher US-Behörden. Dabei ging es zumeist um die Behauptungen des Elektroautobauers im Zusammenhang mit den Fähigkeiten und dem Funktionsumfang seiner Fahrassistenzsysteme "Autopilot" und "Full Self-Driving" (FSD), die, entgegen ihrer Bezeichnungen, noch kein völlig autonomes Fahren ermöglichen.

Neben der US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA gehört auch das US-Justizministerium zu den Akteuren, die seit 2022 ein genaueres Auge auf Tesla werfen. Der Umfang und genaue Fokus dieser Untersuchungen waren bislang nicht klar. Nun berichtet die Nachrichtenagentur Reuters über neue Details: Demnach prüft die US-Staatsanwaltschaft aktuell, ob Tesla mit der vermeintlichen Irreführung von Anlegern und Verbrauchern über die Autonom-Fähigkeiten seiner Elektrofahrzeuge Anlage- oder Kommunikationsbetrug begangen hat. Die US-amerikanische Bezeichnung für den Straftatbestand lautet "wire fraud" und beschreibt die Absicht, sich selbst oder Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen zu verschaffen – das Vergehen hat kein entsprechendes deutsches Gegenstück.

Wegen Autopilot: Tesla steht schon seit Jahren immer wieder im Visier unterschiedlicher US-Behörden

"Autopilot" und das umfangreichere, fortschrittlichere Fahrassistenzsystem "FSD" unterstützen Fahrer zwar beim Lenken, Bremsen, Anfahren, Stoppen und bei Spurwechseln, sind aber nicht vollständig autonom. Tesla weist etwa in den Bedienungsanleitungen seiner Fahrzeuge darauf hin, dass Fahrer jederzeit bereit sein müssen, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Das US-Justizministerium prüft laut Reuters jedoch weitere Aussagen des Unternehmens und seiner Geschäftsführers Elon Musk, in denen mehr oder weniger deutlich impliziert wird, dass die Elektroautos völlig autonom fahren könnten.

Mehrere US-Behörden haben inzwischen unabhängig voneinander Hunderte von Unfällen untersucht, an denen Tesla-Fahrzeuge mit eingeschaltetem Autopiloten oder FSD beteiligt waren. Einige der Unfälle waren tödlich. Der Elektroautobauer musste deshalb in der Vergangenheit mehrmals seine Fahrzeuge zurückrufen, führte diese Rückrufe allerdings als Over-the-Air-Updates für die Fahrassistenzsysteme durch.

Die Ermittler untersuchen, ob Tesla durch irreführende Aussagen über seine Fahrerassistenzsysteme Anlage- oder Computerbetrug begangen hat, zitiert Reuters drei nicht namentlich genannte Quellen. Auch die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) untersucht Teslas Darstellungen seiner Fahrerassistenzsysteme gegenüber Investoren, so eine der Personen. Sowohl die SEC als auch das Justizministerium lehnten eine Stellungnahme laut Reuters ab.

Musk ist für seine vollmundigen Autopilot-Behauptungen bekannt

Der Vorgang ist bislang lediglich eine Untersuchung und kein Beweis für strafrechtlich relevantes Fehlverhalten. Letztlich könnte dies, wenn die US-Staatsanwaltschaft Tesla für schuldig hält, jedoch in Anklagen oder zivilrechtlichen Sanktionen münden. Die Staatsanwälte seien jedoch noch weit davon entfernt zu entscheiden, wie sie vorgehen werden, so eine der Quellen. Das liege zum Teil daran, dass sie umfangreiche Dokumente analysieren müssen, die Tesla den Behörden zur Verfügung gestellt hat.

Reuters konnte nicht feststellen, welche Aussagen des Autobauers die Staatsanwälte als potenziell illegal betrachten.

Musk hatte allerdings jahrelang vollmundige Versprechen zu der Fahrassistenztechnologie gemacht. In Tesla-Videos, in denen die Autonom-Technologie demonstriert wird, heißt es beispielsweise: "Die Person auf dem Fahrersitz ist nur aus rechtlichen Gründen dort. Sie tut nichts. Das Auto fährt sich selbst." Ein Tesla-Ingenieur sagte 2022 in einem Rechtsstreit wegen eines tödlichen Unfalls mit Teslas Autopilot aus, dass eines der Unternehmensvideos, das im Oktober 2016 veröffentlicht wurde, das Potenzial der Technologie zeigen sollte und die Fähigkeiten zum damaligen Zeitpunkt nicht korrekt darstellte. Musk postete das Video dennoch in den sozialen Medien und schrieb: "Tesla fährt selbst (ganz ohne menschliches Zutun) durch städtische Straßen auf die Autobahn und findet dann einen Parkplatz". In einer Telefonkonferenz mit Reportern im Jahr 2016 beschrieb Musk den Autopilot als "wahrscheinlich besser" als einen menschlichen Fahrer. Während einer Telefonkonferenz im Oktober 2022 sprach Musk ein bevorstehendes FSD-Upgrade an, das es den Kunden ermöglichen würde, "zur Arbeit, zum Haus eines Freundes oder zum Supermarkt zu fahren, ohne das Lenkrad zu berühren."

Musk konzentriert sich indes zunehmend auf die Technologien zum autonomen Fahren, während Teslas Verkaufszahlen und Gewinne zuletzt rückläufig waren. Das Unternehmen hat kürzlich mehr als zehn Prozent seiner weltweiten Belegschaft entlassen, auch die Pläne für das lang erwartetes 25.000-Dollar-E-Auto wurden Gerüchten zufolge auf Eis gelegt. Musk will sich stattdessen offenbar auf die Einführung eines autonomen Robotaxis konzentrieren.

2024-05-10T10:16:57Z dg43tfdfdgfd