WAS DIE NACHBARN BESSER MACHEN - WARUM E-AUTOS IN FRANKREICH BOOMEN - IM GEGENSATZ ZU DEUTSCHLAND

Volkswagen will künftig ein preiswertes Elektroauto anbieten. Doch das wird noch Jahre dauern, während französische Anbieter bereits den Markt aufrollen. Derweil bricht der Absatz von E-Autos in Deutschland ein.

Der VW-Konzern hat angekündigt, ein Elektroauto für rund 20.000 Euro zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Vor der Hauptversammlung am vergangenen Freitag sprach Konzernchef Oliver Blume von elektrischer „Einstiegsmobilität aus Europa für Europa“, von einem „zukunftsweisenden Projekt“ und „gesellschaftlicher Verantwortung“ seines Unternehmens.

Volkswagen: „Elektromobilität für alle“

Generationen von Menschen, so Blume, „verbinden die starken Marken des Volkswagen Konzerns mit ihrem ersten Auto – und mit bezahlbarer Mobilität“. Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen, ergänzte: „Unser Markenversprechen lautet: Elektromobilität für alle.“ Trotz eines günstigen Preises werde man „Maßstäbe im Einstiegssegment setzen bei Technologie, Design, Qualität und Kundenerlebnis“, versprach er.

Kurz zuvor waren Verhandlungen mit dem französischen Hersteller Renault über einen gemeinsamen vollelektrischen Kleinwagen gescheitert. Über die Gründe ist wenig bekannt. Es heißt, man habe sich nicht darauf einigen können, wo das Fahrzeug produziert werden soll. Auf Anfrage von Table.Briefings sagte ein Sprecher nur, Volkswagen sei in der Lage, „das Projekt trotz des ambitionierten Zeitplans und Kostenrahmens erfolgreich umzusetzen“.

VW ist mit dem ID.1 spät dran

Volkswagen ist mit dem preiswerten Stromer ID.1 spät dran: Die „Weltpremiere“ ist für 2027 geplant. Bis er in größeren Stückzahlen verfügbar ist, dürfte es 2028 werden. Immerhin soll der etwas größere ID.2 etwas früher auf den Markt kommen: Im Jahr 2026, für rund 25.000 Euro.

Mit Ausnahme von Opel wird in den nächsten zwei bis drei Jahren kein deutscher Hersteller vergleichsweise preisgünstige Elektroautos anbieten . Sowohl der VW ID.3 als auch der smart #1 von Mercedes-Benz oder der Mini von BMW liegen bereits in der Einstiegsversion deutlich über der Schwelle von 30.000 Euro.

Heimische Hersteller haben „Leuchtturm-Charakter“

„Die deutschen Hersteller positionieren sich überwiegend im Premiumsegment und hatten in der Vergangenheit die Elektromobilität zu wenig im Fokus“, kritisiert Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM).

Sein Institut hat eine Segmentanalyse auf Basis von über 100 Modellen durchgeführt. Demnach liegt der Durchschnittspreis für Elektroautos in Deutschland bei über 50.000 Euro. Für den Hochlauf der Elektromobilität seien aber die Anschaffungspreise von zentraler Bedeutung, so Bratzel.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt eine Analyse des ADAC. Danach sind in Deutschland derzeit zu wenige Modelle unter 30.000 Euro erhältlich, so ADAC-Sprecher Micha Gebhardt. „Aktuell dominieren größere und eher hochpreisige Fahrzeuge den Markt, so dass Menschen mit geringerem Einkommen keine Möglichkeit sehen, auf die Elektromobilität umzusteigen“. Die deutschen Hersteller spielten dabei eine wichtige Rolle, so Gebhardt, da sie auf dem heimischen Markt „Leuchtturm-Charakter“ hätten.

In Deutschland bricht der Markt für Elektroautos ein

Deutschland ist auf günstige Einstiegsmodelle dringend angewiesen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Derzeit sind es etwa 1,5 Millionen. Gleichzeitig bricht der Neuwagenmarkt seit dem abrupten Auslaufen des Umweltbonus im Dezember 2023 ein. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres 111.005 reine Elektroautos neu zugelassen. Das sind 10,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach vergangene Woche von einer „Herkulesaufgabe“. In der Talkshow Maischberger sagte er: „Das Problem sind die Preise der „Fahrzeuge. Sie sind im Durchschnitt zu hoch und müssen günstiger werden.“ Viele Bürgerinnen und Bürger könnten nicht umsteigen, weil sie es sich nicht leisten könnten. „Und genau das ist das Problem, weshalb wir uns im Verkehrsbereich so schwertun, die CO₂-Emissionen zu reduzieren“, so Wissing.

Frankreichs klima-, industrie- und sozialpolitische Maßnahmen zahlen sich aus

Während die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland von Januar bis April zurückgingen, stiegen sie nach Zahlen des europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA europaweit um 6,4 Prozent an. In Frankreich legten sie sogar um 28 Prozent zu. Die Hersteller Renault/Dacia und Citroën arbeiten seit Jahren an kleinen Stromern und können inzwischen ein attraktives Angebot vorweisen. Der Dacia Spring und der Citroën e-CS sind bereits für unter 25.000 Euro zu haben. Der Renault Twingo E-Tech kostet etwa 28.000 Euro. Weitere Modelle sind für die nächsten Monate angekündigt.

Möglich wurden die Verkaufszuwächse und die breite Modellpalette im unteren Preissegment durch eine aktive Förderpolitik der französischen Regierung, die klima-, industrie- und sozialpolitische Maßnahmen gezielt miteinander verknüpft hat. So wurde in diesem Jahr neben der Umweltprämie von 4.000 Euro erstmals ein Sozial-Leasing-Programm für kleine Elektroautos aufgelegt . Es richtet sich an Geringverdiener, die auf ein Auto angewiesen sind. Aufgrund der großen Nachfrage waren die Mittel schnell ausgeschöpft. Es soll im kommenden Jahr wiederholt werden.

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Das von den Grünen geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hält ein solches Programm in Deutschland jedoch nicht für notwendig. Auf dem Markt für Elektroautos sei derzeit viel Bewegung, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. „Im BMWK gibt es vor diesem Hintergrund keine Planungen für eine erneute Förderung der Nachfrage nach E-Autos“, so die Sprecherin.

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