TESTFAHRT: IST DER XIAOMI SU7 EIN PORSCHE-KILLER?

Seit der Smartphone-Gigant Xiaomi kurz vor dem Jahreswechsel sein erstes Elektroauto präsentiert hat, spricht in China kein Autokäufer mehr von etwas anderem als dem SU7. Zu Recht? Erste Testfahrt mit Infos und Preis.

  • Konkurrenz für Tesla Model S und Porsche Taycan
  • Einstiegspreis in China: Umgerechnet rund 28.000 Euro
  • Topversion mit 495 kW/673 PS und 838 Nm Drehmoment

Auf den ersten Blick wirkt der Hype um den Xiaomi SU7 ein wenig überhitzt. Denn so elegant der fünf Meter lange Wagen auch aussieht, ist der SU7 doch eigentlich nicht viel mehr als ein Kondensat aus Porsche Taycan und Tesla Model S. Aber erstens waren Xiaomis erste Telefone auch nur iPhone-Imitate. Und zweitens – und damit wird die Sache dann plötzlich doch interessant – kostet der SU7 nicht einmal halb so viel wie seine Vorbilder.

Xiaomi SU7: Günstiger Preis in China

Zumindest in China: Während die Porsche-Preisliste bei 1.038.000 RMB (ca. 136.000 Euro) beginnt und Tesla den volatilen Preis für das Model S dort gerade bei 684.900 RMB (ca. 90.000 Euro) eingeloggt hat, startet der SU7 bei 215.900 RMB und kostet selbst in der Topversion verhältnismäßig schmale 299.990 RMB. Das sind umgerechnet zwischen rund 28.000 und nicht einmal 40.000 Euro. Wer sich hierzulande für den SU7 interessiert, könnte aber enttäuscht werden. Sollte die Limousine den Weg nach Europa finden, werden die Preise der Erfahrung nach deutlich nach oben korrigiert werden.

Xiaomi SU7 als Porsche-Killer

Das Basismodell fährt mit einem 220 kW/300 PS-Motor an der Hinterachse. Es beschleunigt in 5,3 Sekunden auf Tempo 100, fährt bis zu 210 km/h schnell und kommt mit einem 400-Volt-Akku mit 74 kWh Kapazität von BYD laut Datenblatt 668 chinesische Norm-Kilometer weit. Alternativ gibt es den Hecktriebler auch mit einem 94kWh-Akkupaket vom Hersteller CATL, der mit 800-Volt-Technik arbeitet und rund 860 Kilometer schaffen soll. Nach europäischer WLTP-Norm dürften es wohl nicht ganz so viele Kilometer werden.

Und wer den SU7 Max bestellt, bekommt Porsche-Feeling satt: Dann gibt’s zwei Motoren mit 495 kW/673 PS Systemleistung und 838 Nm. Der Sprintwert schmilzt auf 2,8 Sekunden, das Spitzentempo steigt auf bis zu 265 km/h an, und mit einer 101-kWh-Batterie sollen noch immer 800 Kilometer Reichweite drin sein. Tempo macht der Taycan-Konkurrent danach auch an der Steckdose und lädt in 15 Minuten im besten Fall den Strom für 550 Kilometer nach. Zumindest verspricht das Xiaomi.

Keine Unterhaltung im Fond

Während Xiaomi im Bereich der Elektroartikel und Smartphones mittlerweile ein großer Player ist, wirkt der SU7 an einigen Stellen leider weniger smart. Ja, das Head-up-Display ist ein bisschen größer als üblich, und hinter dem Lenkrad gibt es ein kleines Display, das sich erst beim Anlassen ins Blickfeld dreht. Für fast alles existiert eine Sprachsteuerung, und der obligatorische Touchscreen vor dem Armaturenbrett hat faszinierende Grafiken.

Aber Xiaomi bietet weder besondere oder überraschende Features beim Infotainment, noch hat man zum Beispiel einen Avatar. Und hinten müssen die Passagiere sogar ihre eigenen Tablets mitbringen, wenn sie sich im Stau nicht langweilen wollen – ein eigenes Infotainment gibt es nicht. Aber immerhin werden dafür spezielle Steckplätze vorgehalten, und wenn die Geräte von Xiaomi sind, werden sie auch ins System eingebunden.

Assistenzsysteme oftmals überfordert

Auch der "Autopilot", dem im Dauerstau der chinesischen Millionenmetropolen viel mehr Bedeutung zukommt als bei uns, ist allenfalls Mittelklasse. Während Konkurrent Huawei den mit Geely gebauten Ji Yue 01 bereits freihändig auf die Straße loslässt, folgt der Xiaomi selbst auf einer Ausfallstraße in Peking nur widerwillig der Fahrspur und quittiert bereits den Dienst, wenn die Linien mal kurz fehlen. Automatische Spurwechsel dauern eine gefühlte Ewigkeit, und ein paar Radfahrende reichen aus, um den SU7 völlig aus der Ruhe zu bringen.

Das Fahrwerk arbeitet vorbildlich

Dafür punktet der Xiaomi in einer Disziplin, die bis dato bei chinesischen Autos eher unterentwickelt war: Er ist fahrdynamisch ganz weit vorne. Während NioZeekr oder XPeng es eher gemütlich angehen lassen, wirkt der SU7 engagiert und leidenschaftlich. Er vermittelt ein gutes Gefühl für die Fahrbahn, federt kleine Unebenheiten sauber weg und hält präzise den Kurs.

Selbst die Bremsen haben Biss. Da jedenfalls haben sie bei Porsche ganz genau hingeschaut. Schade nur, dass die Chinesen das kaum zu würdigen wissen werden. Denn erstens ist ihnen Komfort meist wichtiger als die Fahrfreude, zweitens stehen sie ohnehin die meiste Zeit im Stau und drittens ist selbst auf der Autobahn spätestens bei 120 km/h Schluss.

Aber auf Dauer wird der Xiaomi SU7 wohl nicht in China bleiben. Spätestens, wenn der erste Hype einmal vorbei ist und man nicht mehr ein halbes Jahr auf sein Auto warten muss, wird der Elektronik-Gigant seinen elektrischen Erstling ganz sicher auch ins Ausland führen. Zum einen, weil er den Wettbewerb mit seinen Vorbildern sucht, und zum anderen, weil er noch viel vor hat in der Autowelt. Schließlich will er Xiaomi binnen zwei Jahrzehnten unter die Top 5 der Fahrzeughersteller führen. Und so anhaltend der Boom in China auch sein mag, wird ihm das ohne Export kaum gelingen.

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