VON ALLEM ZU VIEL: MHERO 1 - MONSTRöSER E-GELäNDEWAGEN IM FAHRBERICHT

Dongfeng lässt seine Muskeln spielen und einen martialischen Elektro-Offroader von der Leine. Der Mhero 1 ist wohl was für eine Käuferschaft, denen die anderen egal sind. Viele eben jener anderen dürften den Mhero 1 zu groß, zu schwer, zu protzig, zu martialisch finden. Ein Auto wie ein Panzer.

Understatement ist nicht sein Ding. Der chinesische Autogigant Dongfeng schickt den monströsen Geländewagen Mhero 1 in die europäische Arena. Der kommt wie ein Vetter des nicht minder aufsehenerregenden GMC Hummer daher, allerdings mit noch mehr Kanten, brachialer Motorleistung und fragwürdigen Auffälligkeiten.

In der Schweiz, wo das Modell bereits bestellbar ist, startet der Mhero 1 bei umgerechnet mehr als 150.000 Euro. Wann und zu welchen Konditionen der Elektro-Allrader nach Deutschland kommt, ist noch unklar.

Extrem und einschüchternd

Alles an diesem knapp fünf Meter langen und mehr als zwei Meter hohen sowie breiten Geländewagen ist extrem und einschüchternd. Nirgends glättet eine harmonisch sanfte Linie das wie mit der Axt gestaltete Design. Zusammen mit der matten Lackierung und der massiven Stoßfänger wirkt der Mhero 1 wie eine weiterer Roboter Action-Saga Transformers. Selbst das Logo auf dem Kühlergrill erinnert an das Erkennungszeichen der Maschinen-Wesen.

"Um das Konzept hinter dem Mhero 1 zu verstehen, muss man die Geschichte von Dongfeng kennen", erklärt der deutsche Manager und China-Experte Daniel Kirchert, der mit seiner Firma Noyo den Mhero in der Schweiz vertreibt. "Die Wurzeln des Konzerns reichen bis in die 1950er und 1960er Jahre. Damals begann alles mit Schwerlastkraftwagen, aber schon früh produzierten der Konzern auch geländetaugliche Militärfahrzeuge. Hinzugekommen sind in den letzten Jahrzehnten einige Joint Ventures mit Westmarken und dann die eigene Pkw-Entwicklung und -Produktion. Der hochtechnologische Mhero 1 ist also vor allem eine Demonstration der Offroad-Tradition und Technik-Kompetenz von Dongfeng."

Mit der Eleganz eines Metzgermeisters

Tatsächlich offenbart sich beim tonnenschweren Wagen eine verblüffende Geländetauglichkeit vom Schlag einer Mercedes G-Klasse oder eines Humvee der US-Armee, der die Grundlage für die Zivilvariante GMC Hummer bildet. Und so bahnt sich der Mhero 1 mit der Eleganz eines Metzgermeisters gnadenlos seinen Weg durch Geröll, Sand- oder Schottergruben und selbst über steile Treppen.

Dies gelingt dank der vier potenten E-Motoren, die den riesigen Rädern bis zu 1.400 Nm bereitstellen, und so wühlt sich der Koloss stets souverän durch schwieriges Gelände. Wenn die E-Antrieb doch mal überfordert scheint, lassen sich die Achsen einzeln sperren. Selbst dicke Steine können dem Auto nichts anhaben. Das Luftfahrwerk hebt die Karosserie im Bedarfsfall um 14 Zentimeter auf eine maximale Bodenfreiheit von 35,5 Zentimeter.

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Passend zum Untergrund regeln sechs verschiedene Fahrmodi fürs Gelände und vier für die Straße die Drehmomentverteilung zwischen den einzeln ansteuerbaren Rädern. Sie lassen sich teils über den massiven Schubhebel in der Mittelkonsole einlegen. Einer davon erkennt mit Kameraunterstützung automatisch, in welchem Umfeld sich das Fahrzeug bewegt und dosiert die Leistungsentfaltung von maximal 800 kW/1.088 PS. Auf Asphalt soll der Sprint von 0 auf 100 km/h für das mindestens 3,4 Tonnen schwere Auto in irren 4,2 Sekunden gelingen. Dann kommen die grobstolligen Geländepneus allerdings an ihre Grenzen und auch der Aufbau wankt wenig sportlich.

Zehn Kameras liefern Bilder

Um große Steine, kleine Kinder oder andere Hindernisse nicht zu übersehen, liefern zehn Kameras Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Zentraldisplay. Die Infrarotkamera zeigt selbst in tiefster Dunkelheit konturenscharfe Bilder und erfasst Objekte im Umfeld des Fahrzeugs. Als große Manövrierhilfe erweisen sich die mitlenkenden Hinterräder. Neben dem geringen Wendekreis von gerade einmal 10,2 Metern tänzelt der Mhero auf Knopfdruck ähnlich wie eine Krabbe auch mal diagonal.

Vor allem Elterntaxifahrer werden sich beim täglichen Kampf vor der Schule über diese Wendigkeit freuen. Der Crabmode ist vom Vorbild Hummer abgekupfert, dabei nicht ansatzweise so spektakulär wie der jüngst von Mercedes inszenierte G-Turn der neuen elektrischen G-Klasse.

Der elektrische Geländewagen sitzt auf einem Leiterrahmen, der den Antriebsstrang mit gewaltigen Parametern aufnimmt. Im Boden verbirgt sich eine Monsterbatterie mit einer Kapazität von ca. 143 kWh. Zusammen mit der Unterbodenplatte aus Aluminium zum Schutz bringt es allein der Akku auf mehr als eine Tonne Gewicht. Der Mhero 1 soll damit auf eine Reichweite von 450 km kommen. Das entspricht umgerechnet einem Durchschnittsverbrauch von knapp 32 kWh/100 km.

Bei der Ladeleistung wird gekleckert, nicht geklotzt

Gekleckert, anstatt zu klotzen hat Dongfeng einzig bei der Ladeleistung. Lahme 100 kW zieht sich der Allrader maximal an einer Schnellladesäule. 11 kW am Wechselstromanschluss sind ebenfalls nur Mittelmaß, womit eine volle Ladung auch schon einmal 13 Stunden dauern kann.

Wer den Innenraum mithilfe der ausfahrenden Trittbretter erklommen hat, trifft auf einen hochwertigen Innenraum mit zahlreichen Komfort- und Technikextras, wie Massagefunktion, Sitzheizung und -belüftung auf allen Sitzen, eine integrierte Dashcam, LCD-Screens im Fond oder ein 220-Volt-Anschluss für externe Verbraucher. Vorn sitzt man mit der zu erwartenden Großzügigkeit, dagegen kann es für Langbeinige hinten schon etwas beengter zugehen.

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Selbst wer nur mit Grünström lädt, wird es mit dem elektrischen Extrem von Dongfeng in Sachen sozialer Akzeptanz schwer haben. Spätestens die Innentürgriffe in Form einer Halbautomatik-Pistole sorgen für Unverständnis. Schließlich sollten Fahrer des Mhero 1 kühlen Kopf bewahren und keine Waffe in ihrem Fahrzeug sehen.

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